Der Annalensaal in Karnak trägt auf
der Osthälfte seiner Nordwand eine überdimensionale
Weiheliste Thutmosis III., eine Liste der von ihm
dem Gott Amun-Re von Karnak gestifteten Gegenstände. |
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Foto: nauna |
In seiner Gesamtheit nimmt man diese
Weiheliste durchaus wahr. Auf dem Weg zu den
nördlichen Kammern der Hatschepsut schlängelt man
sich durch den manchmal recht vollen, schmalen Gang
der das Barkensanktuar Philippos Arrhidaios umgibt.
Viel zu selten nimmt man sich die Zeit, die
Weiheliste genauer zu betrachten, ihre
faszinierenden Details auf sich wirken zu lassen.
Die mächtigen Obelisken vor der Figur des Königs
(links im Bild) werden von den Reiseführern noch
gern erwähnt, die rechts davon befindliche Liste mit
Opfergaben an den, ganz rechts im Bild sitzenden,
Gott Amun
sollen in diesen "Abwegen" vorgestellt werden. Nicht
in seiner Gesamtheit, dies würde den Rahmen dieser
Seite sprengen - doch Auszugsweise sollen die
versteckten, liebevoll gearbeiteten Details
aufgezeigt werden. Die restlichen Darstellungen
überlasse ich euren Augen vor Ort - in Karnak. |
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Detail der Obelisken, Fotos: nauna |
Unter dem Pyramidion der beiden
Obelisken findet sich ein, heute stark zerstörtes
Bildfeld. Ehemals zeigte es den knienden König beim
Opfer vor dem sitzenden Amun. Beim rechten Obelisken
ist noch der nw-Topf zu erkennen und die Beischrift
kennzeichnet es als Weinopfer.
Unterhalb dieses Bildfeldes beginnt die
Obeliskeninschrift mit dem Serech auf dem der
Horusfalke sitzt. Der Falke trägt die Doppelkrone,
daneben eine Sonnenscheibe mit herunterhängendem
Uräus an dem ein Anch hängt. Liebevolle
Miniaturdetails in Stein gehauen.
Die Inschriften der
beiden Obelisken sind publ. bei Sethe, Urk IV, 3 S. 642f.
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Hinweis: zur
Auffindung der Gegenstände innerhalb der Wand werde
ich diese mit den Nummern von Wreszinski versehen.
Seine Zeichnung der Wand mit Nummerierung und Erläuterung der
Gegenstände ist im Literaturverzeichnis dieser Seite
verlinkt. |
Arbeiten wir uns in der Reihenfolge
der Wreszinskinummern durch die Wand: |
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Wreszinski Nr.
34; Foto: nauna |
oben Wreszinski
Nr. 35; Foto: nauna
unten Wreszinski Nr. 36; Foto: nauna |
Nr.: 34 sind zwei Goldwedel, deren
Griffe aus offenen Papyrusstängel gestaltet sind.
Auf ihnen sitzt mittig eine Kartusche mit dem Namen
Thutmosis III., eingerahmt von zwei Federn. Auf drei
kurzen Stangen sitzt dann der Wedel, eine große
Feder. Laut Taufik (S.
67) handelt es sich hierbei um die zierlichen
Wedel, die in der Hand hoher Beamte und Priester ein
Abzeichen ihrer Würde darstellen. |
Nr. 35 und 36 sind Goldschalen. Nr. 35
hat Lotusblumen als Randverzierung, in deren Mitte
der König opfernd steht. Taufik (S. 68) sieht
in der Hand des Königs noch ein Brot. Mit der
anderen würde er Wasser aus einem Krug gießen.
Blüten und Figur befanden sich nach ihm innerhalb
der Schale. Bei Nr. 36 sitzt eine Kröte mit
Jahresrispen auf einer Reihe von Sumpfpflanzen.
Kröte und Jahresrispen symbolisieren hier "Millionen
an Jahre". Taufik (S. 52) beschreibt es als einen
niedrigen Einsatz in der Schale. Dieser Einsatz
tauchte erst beim Entnehmen des Weines langsam aus
der Schale auf. Ähnlich mag es sich bei Nr. 35
verhalten haben. |
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Dies wäre dann vergleichbar mit der
oben abgebildeten Schale (Foto aus Hayes, The
Szepter of Egypt II, p. 206 fig. 121). Die
bronzene Blumenschale stammt aus dem Vorhof des
Grabes des Rechmire und ist aufgrund der
Kuhdarstellung wahrscheinlich der Göttin Hathor
geweiht. |
nebenstehend
Wreszinski Nr. 55; Foto:
nauna
Nr. 55 ist einer der zahlreichen
Halskragen aus der Weiheliste, die in Form, Material
und Anzahl stark variieren. Die Halskragen lagen auf
flachen Gestellen, die unterhalb der Kragen
angedeutet sind. Der hier abgebildete Halskragen
besteht aus einer Reihe ovaler Perlen, die auf
Schnur gezogen sind. Von ihnen hängen
lanzettenförmige Perlen in Gestalt von Blütenblätter
herab. Die Blütenblätter waren eventuell aus Gold,
die Perlen dürften bemalt gewesen sein. Sicherlich
ein ansprechendes Schmuckstück. |
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oben links
Wreszinski Nr. 59; Foto: nauna
oben rechts Wreszinski Nr. 69; Foto: nauna
nebenstehend Wreszinski Nr. 69 Detail; Foto: nauna
Nr. 59 ist ein Gefäß,
eventuell eine Opferflasche in Form eines
Anch-Zeichens mit einem Ausgussschnabel. Der Deckel
hat die Form eines Widderkopfes mit Uräus. Die Form
des Deckels dürfte auf seine Verwendung im Kult des
Amun anspielen.
Nr. 69 zeigt eine
flache Schale in Gestalt der nb-Hieroglyphe. Diese
steht auf einem Ständer in Form des Djed-Pfeilers.
Auf dem nb-Zeichen kniet der Gott Heh. In seinen
Händen hält er eine alternierende Reihe aus den
Hierohlyphen für Leben, Dauer und Gesundheit. Diese
enden in Schen-Ringen, die den Anschluss zur Schale
bilden.
Vor dem Gott findet sich eine, nicht mehr lesbare
Inschrift.
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nebenstehende Zeichnung aus
Heinrich Schäfer,
Prunkgefässe Rückseite
Ein absolutes Prunkstück stellt die
Nr. 73 dar. Hierbei handelt es sich um eine Schale mit
Aufbauten, die wahrscheinlich aus Gold
gearbeitet war.
Die Schale steht auf einem Fuß um
den eine Blume gebunden ist. Sie wird an beiden
Seiten von je einer offenen Papyrussäule eingerahmt.
Diese Säulen werden von einer, in Höhe eines
Musterbandes aus Kreisen, aus der Schale
herausgreifenden Hand gehalten. An den Säulen
springen je zwei Affen herauf und herunter.
Eventuell als Griff, auf jedenfall aber als Stütze
für die Säulen fungieren an jeder Seite ein
gestrecktes Raubtier - scheinbar zum Sprung
ansetzend. Ob es sich hierbei um einen Löwen oder
Panther handelt lässt sich nicht entscheiden. |
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oben Wreszinski
Nr. 73; Foto: Iufaa
unten Wreszinski Nr. 73 Detail; Foto: Iufaa |
oben Wreszinski
Nr. 73 Detail; Foto: nauna
unten Wreszinski Nr. 73 Detail; Foto: Iufaa |
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Die Hinterbeine der Raubtiere stützen
sich neben einem Tordurchgang ab. Das Tor scheint
auf einem Stylobat zu stehen. Es liegt erhöht in der
Mitte der Schale, vor ihm drei nicht bestimmbare
Pflanzen, wahrscheinlich Bäume. Das Tor selber ist
deutlich als solches zu erkennen, Torlaibungen,
Architrav mit Hohlkehle und Rundstab sind vorhanden.
Das ehemalige Sammelsurium an Darstellungen oberhalb
des Tores ist heute kaum noch zu deuten. Die Form
der Tiere ähneln einer sitzende Katze oder
ähnliches. Oberhalb dieses Aufbaues schwebt ein
Vogel mit ausgebreiteten Flügeln. Ob es sich hierbei
um einen Geier handelt? |
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beide Fotos ein
Ausschnitt aus einem Foto von: Iufaa |
In den Rest des Gefäßes muss man sich
etwas einsehen. Es handelt sich bei den beiden
Bildern oben um die beiden Darstellungen auf dem
Schalenrand, rechts und links der Säulen. Diese
Darstellungen scheinen nicht spiegelgleich zu sein,
wie es ägyptische Darstellungen so oft erwarten
lassen. Zudem sind sie leider stärker zerstört. Bei
beiden Bildern ist jedoch deutlich ein Rad (am
Bildinnenrand) mit einem Radkreuz zu erkennen.
Das rechte Bild zeigt noch deutlich eine stehende
Person, den König oberhalb des Rades, mit
ausgestreckten Armen. Wir dürfen hier den König im
Streitwagen sehen, dessen Hände die Zügel für die
Zugtiere - wohl Pferde - halten. Den Beinresten nach
zu urteilen handelte es sich mindestens um zwei
Tiere.
Die linke Darstellung ist schlechter erhalten. Das
Rad mit Kreuz ist noch am Besten zu erkennen. Wenn
wir oberhalb des Rades eine Person erahnen wollen,
dann können wir dieser nicht dieselbe Armhaltung
geben wie in der rechten Darstellung. Die Arme,
zumindest ein Arm müsste nach hinten gebeugt sein.
Von ihm ausgehend verläuft eine schräg nach oben
ansteigende Linie nach links und geht in eine nach
unten gehende, gekrümmte Linie über. Dies könnte man
als eine Person beim Bogenschießen interpretieren.
Die Zugtiere des Streiwagens sind schlechter als bei
der anderen Darstellung erhalten. Ob es sich hier um
ein, oder zwei Tiere handelte vermag ich nicht zu
erkennen. |
nebenstehend
und unten Wreszinski Nr.
74; Foto: nauna
Ein danebenstehender bauchiger,
weiter Krug wirkt nach diesem Prunkstück etwas fad
und zudem grob gearbeitet. Mehrere bandförmige
Henkel kommen über den Rand heraus. Auf diesen sitzt
eine Art Nest mit Falken. Der Falke scheint die
Flügel nach vorne gestreckt zu haben. Auf seinem
Kopf befindet sich jeweils eine Sonnenscheibe.
Zwischen den Henkeln sitzen zwei Geier mit
ausgebreiteten Schwingen und Schen-Ringen in ihren
Klauen. Die beiden Geier blicken zur Krugmitte.
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Nr. 90 ist ein Untersatz auf Kufen und
mit Tragestangen. In der Mitte des Tragestelles ist
ein König beim Vasenlauf dargestellt. Hinter ihm ein
Standfuß einer ansonsten zerstörten Gerätschaft. Es
könnte sich um eine große Vase gehandelt haben.
Taufik (S. 78) möchte noch einen Deckel in
Form eines Amunwidderkopfes mit Uräus erkennen. Es
bleibt aber unbekannt in welchem Zusammenhang eine
Vase mit einem Tragegestell mit Kufen - wie bei
Tragestellen von Barken - und der Darstellung des
Königs beim Vasenlauf stehen könnte.
Nr. 91 zeigt uns zwei Hapi-Figuren als Fackelträger. |
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Wreszinski Nr.
90; Foto: nauna |
Wreszinski Nr.
91; Foto: nauna |
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Wreszinski Nr.
29; Foto: Iufaa |
Wreszinski Nr.
116; Foto: Iufaa |
Andere Teile bestechen
durch ihre klare Linien, ihre einfache Art. So
finden wir in der Weiheliste Opfertische mit drei
mal drei (der Vielzahl) an Gebrauchsgefäßen.
Beide Tische haben rechts und links einen Schenring
zum Einsetzen von Amphoren. Der linke Tisch (Nr.
29) findet sich unter den
Goldgegenständen, der rechte (Nr. 116) wird
unter den Silbergeräten geführt. Ansonsten
unterscheidet sie wenig. |
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Wreszinski Nr.
172 und 173; Foto: nauna |
Zum Abschluss noch eine Opferschale in
Form einer Kartusche mit dem Namen Thutmosis III. (Nr.
172) auf einem, zerstörten, Gestell. Die Schale
in Kartuschenform wurde von oben gesehen
dargestellt, das Gestell in der Seitenansicht.
Nr. 173 zeigt die Statuette des Königs vor einer
leeren Opfertafel in Form einer Kartusche. Der König
wird von Horus, der hinter ihm steht, beschützt.
Beide stehen auf einem Sockel, oder bilden eventuell
das Oberteil einer Stele. |
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Die Beispiele und
Erläuterungen ließen sich beliebig fortführen. Es
war ein Genuss diese Wand mit Ruhe zu betrachten.
Ich empfehle den Besuch der Weiheliste in den frühen
Morgenstunden (im Winter vor 10 Uhr), wenn sie voll
im Licht liegt. Die Details kommen im Schatten nicht
zur Geltung und die Liste wirkt eher fad. Für meinen
Teil beende ich an dieser Stelle das Aufzeigen der
Details dieser Wand und überlasse weitere
Entdeckungen den zukünftigen Besuchern. |
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Literatur: |
Sayed Taufik Ahmed, Untersuchung
zur grossen Liste der Weihegeschenke Thutmosis' III.
für Amon in Karnak, unpubl. Dissertation Göttingen
1965 |
Heinrich Schäfer, Die
altägyptischen Prunkgefässe mit aufgesetzten
Randverzierungen. Hildesheim 1964 |
Kurt Sethe, Urkunden der 18.
Dynastie. Dritter Band, bearbeitet von Kurt Sethe.
Historisch-biographische Urkunden, Berlin 1904 -
Weiheliste S. 629 - 643 |
Walter Wreszinski, Atlas zur
altaegyptischen Kulturgeschichte II (Tafeln),
Leipzig 1934 - Weiheliste
Tf 33b |
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Eingestellt durch:
naunakhte |
Bearbeitet am:
26.11.2009
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