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ein Führer zum wenig Beachteten in und um Luxor -

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Der Luxortempel in römischer Zeit

Das Tetrarchenheiligtum - die Apsis

<-- Malereien des Tetrarchenheiligtums
 

Blickpunkt - schon von Ferne - ist die Apsis des Kaiserkultraumes. Keine Türen verbergen heute die Sicht auf dieses Architekturteil, das so seltsam anmutet in einem pharaonischen Tempel.

Der ehemalige Durchgang zu den hinteren Räumen des Luxortempels, der hier unter Amenophis III. angelegt worden war, wurde zu römischer Zeit durch den Einbau der Apsis verschlossen. Sie bildete nun Endpunkt des Prozessionsweges durch den Tempel.

Ihr Boden lag deutlich über dem Fußbodenniveau des Raumes, eine Schranke trennte die Malereien vom Besucher. Zwei Säulen flankierten sie.

Die wenigen Reste der Malereien zeugen vom Kultziel der Prozession - davon, wen man hier verehrte. Die Apsisdarstellung ist inhaltlich und formal eine in sich abgeschlossene Darstellung.

Nach der Säuberung der Malereien im Jahre 2007 zeigen sie sich nun detailreich dem interessierten Betrachter.

Foto: nauna

Schauen wir uns zuerst die Darstellung der Apsiskalotte an. Ein Motiv, das vor der Restaurierung kaum zu erahnen war.

Geringe Spuren zeigen, dass ihr Hintergrund im oberen Bereich hellblau bemalt war. Unten läuft ein schmales rotes Band, als Abgrenzung zum großen Bildfeld. Darüber eine dunklere Hintergrundfarbe.

In blasseren Farben - rötlich - ein Adler mit ausgebreiteten Schwingen der in seinen Fängen einen goldenen, mit Gemmen besetzten Kranz mit Schleife hält.

Der Adler war in der Antike das Symbol des Gottes Jupiter/Zeus und stand für Macht und Sieg.

Foto: Iufaa

Foto: Iufaa

Beide Fänge greifen von hinten durch den Kranz und halten diesen im unteren Bereich fest. Der Rechte ist in der Darstellung besser erhalten. Zwischen den Fängen und unterhalb des Rechten sieht man die Reste der Schleife.
In der oberen Mitte trägt der Kranz eine große ovale Gemme. Zwei rechteckige und  zwei leicht ovale Gemmen sitzen rechts und links am Kranz. Diese vier sind kleiner als die Stirngemme. Decker (1979 S. 645) beschreibt die Stirngemme als leuchtend blau mit rotgoldener Fassung. Die rechteckigen Gemmen sind nach seiner Beschreibung helltürkis, die leicht ovalen darunter grün.
Über dem Kranz haben sich noch Reste der Darstellung der Federn in aller Deutlichkeit erhalten.

Links ein Bild des Adlerkopfes. Zwar noch deutlich zu erkennen, die kleinen Details die allerdings beim Kranz und seiner Umgebung noch zu erkennen sind, fehlen hier leider.

Wenden wir uns nun dem Hauptbildnis der Apsis zu- mehrere Personen, die in der Rundung dargestellt sind.

Beide untere Zeichnungen zeigen das Hauptbild der Apsis. Bei der Gesamtdarstellung erscheinen die beiden Randfiguren auf Grund der Perspektive schmäler, als sie dies in der Abrollung der Zeichnung tatsächlich sind. Zudem sind die beiden mittleren Figuren ca. 15 cm größer als die Äußeren. Dies fällt optisch allerdings kaum ins Gewicht.

Foto: Iufaa

Ausschnitt aus: Deckers 1979, Abb. 34 Deckers 1979, S. 643 Abb. 29

alle vier abgebildeten Personen; Fotos: Iufaa

Keine der vier Personen berührt oder überschneidet eine andere, alle schauen dem Prozessionsweg entgegen. Die Mittleren sind frontal dargestellt, die beiden Seitlichen leicht nach außen gedreht. Sie sind deutlich größer als die Personen der anderen Wandmalereien. Auch ihre Kleidung unterscheidet sich von denen der anderen Darstellungen. Sie tragen keine vielschichtigen, aufwendig verzierten Kleidungsstücke. Über nackter Haut tragen sie einen stoffreichen, dunkelpurpunen Mantel (Toga?). Dieser ist jeweils knöchellang und reicht oben bis unter die Achsel. Bei den äußeren Figuren hält eine Scheibenfibel den Stoff an der rechten Schulter zusammen, unterstützt von einem Zipfel der um den linken Unterarm geschlungen und gegen den Körper gedrückt wird.
Die Farbe Purpur, gewonnen aus der Purpurschnecke, war kostbar. Gewänder in dieser Farbe wurden nur von hochgestellten Persönlichkeiten getragen.

Fibel der östlichen Figur
Foto: Iufaa

Fibel der westlichen Figur
Foto: Iufaa

Die Scheibenfibeln der beiden äußeren Figuren haben sich noch teilweise erhalten. Sie haben in der Mitte einen großen runden Edelstein umrahmt von verschieden geformten kleineren Steinen. Bei einem kleinen Stein der westlichen Figur sind noch Reste einer grünlichen  Farbe (Türkis) erhalten.

Bei der östlichen Figur fehlt, wie bei allen in der Apsis dargestellten Personen, der Kopf. Er wurde zerstört.
Um die Lücke herum ist der Nimbus erhalten. Diesen Heiligenschein, der zur Verwechslung des Raumes mit einer christlichen Kirche beitrug, wird hohen Persönlichkeiten zum Zeichen der Macht beigegeben. Goldfarben mit rotem Rand vor hellblauem Hintergrund dürfte es einstmals gestrahlt haben.

Foto: Iufaa

Die Fibel an der Schulter wurde bereits weiter oben abgebildet. Der Mantel ist deutlich erhalten. Wilkinson sah am Ende des über den Arm fallenden Zipfels noch eine Quaste, die heute allenfalls zu erahnen wäre.

Foto: Iufaa

Während die rechte Hand zerstört ist, trägt die linke einen zylinderförmigen Gegenstand.

Foto: Iufaa

Foto: Iufaa

Die Füße sind soweit zerstört, dass nicht zweifelsfrei zu entscheiden ist ob die Figur Schuhe trug. Die dunklen Streifen an den Beinen könnten sowohl Sandalenriemen wie auch Konturstreifen sein.
Der Kopfbereich der folgenden Person ist großräumig zerstört. Ihre Haltung unterscheidet sich deutlich von der gerade gezeigten. Ihr rechter Arm ist erhoben und stützt sich auf einen goldenen Stab. Die linke Hand hält, statt des zylindrischen Gegenstandes, eine Kugel. Hierzu erläutert Deckers (1973, S. 11): Langzepter und Globus gehören dagegen schon längst zu den Insignien des Imperators. Sie stehen nicht mehr ausschließlich Jupiter oder Jupitergleichen zu, sondern bezeugen eher einen universalen Machtanspruch.

Mein erster Gedanke - ein Globus. Globen werden seit 154 v. Chr. schriftlich erwähnt und sind in der Antike durchaus verbreitet. Dass die Erde eine Kugel ist stellte damals niemand in Frage.

Foto: Iufaa

 

Foto: Iufaa

Foto: Iufaa

Dem Kaiser die Füße küssen - wäre bei dieser Ansicht möglich. Füße, und damit auch die Darstellung der Sandalen, sind bei ihm gut erhalten. Laut Deckers (1979, S. 643) leichte Sandalen mit vergoldeten (?) Riemen. Der Verlauf um Fuß und Ferse ist gut zu sehen, ein Band verläuft in Richtung zum großen Zeh.

Die folgende Person ist nur noch ganz schwach erhalten. Sie wurde in der Antike wohl bereits getilgt. Ihre Umrisse und der Nimbus zeigen aber ihre Zugehörigkeit zur Gesamtkomposition.

Zwischen den beiden mittleren Figuren lassen sich Bruchstücke eines kleineren Kreises - Nimbus - ausmachen. Auch er fast völlig zerstört. Im unteren Bereich ist eine Rundung und purpurne Reste eines Stoffes zu sehen. Im oberen Bereich des Nimbus sieht man Reste des roten, ihn einstmals umgebenden Streifens. Darunter helle (gelbe) Farbe mit wenigen dunklen, dreieckigen - zipfelförmigen - Farbspuren. Ob es sich hierbei um Haarspitzen oder Blätter eines Lorbeerkranzes handelt kann nicht entschieden werden.

Foto: Iufaa

Foto: Iufaa

 
Für eine weitere Person ist in der Bildkomposition kein Platz. Die anderen Personen sind so dargestellt, dass es nicht zu Überschneidungen kommt. Nun eine Figur hinter den mittleren Beiden stehend zu vermuten - dazu gibt es keine Handhabe. Hier muss eine andere Erklärung gefunden werden.
Wenn wir im Bild eine Darstellung der römischen Tetrarchie sehen, kommt im Grunde nur eine Darstellung des Gottes Jupiters in Betracht. Dieser war die oberste Gottheit der Römer, sein Attribut der Adler. Einen Gott, lediglich als Büste der Gesamtdarstellung hinzuzufügen dürfte Legitim gewesen sein. Sehen wir in diesen Resten also eine Büste Jupiters.
Bedingt durch diese Büste konnte die getilgte Person nicht in derselben Pose wie die andere der mittleren Figuren dargestellt werden. Der erhobene, auf den Stab gestützte Arm war nicht möglich, er hätte die Büste überschnitten. Bei aller vermuteten Symetrie innerhalb der Apsis und der anderen Wandreliefs muss diese hier, in den Darstellungen der beiden Kaiser unterbrochen worden sein.
Die westlichste Figur ist wieder deutlich besser erhalten. Auch hier ist der Kopf zerstört, der Nimbus jedoch noch gut zu sehen. Was er in der linken Hand hält, ob ein zylindrischer Gegenstand wie bei der östlichsten Figur, ist durch Zerstörungen nicht mehr festzustellen.

Die rechte Hand ist gut erhalten, so erkennen wir hier noch den Blätterzweig - wohl Lorbeer -, den er mit den Fingerspitzen festhält.

Foto: Iufaa

 

Foto: Iufaa

Foto: Iufaa

Noch einmal betrachten wir uns Füße. Diesmal nicht die eines Kaisers, sondern eines Caesaren. Er trägt keine Sandalen sondern, nach Deckers  (1979, S. 642f) halbhohe - weiß gefütterte?- Schuhe mit rotem Riemenwerk (calcei?). Deutlich sind die Lederstreifen um die Unterschenkel zu sehen, mit Haltebändern runter zu den Zehen und Querriemen oben über den Span.
Abschließend möchte ich anmerken, dass die Restaurierung der Malereien dem Besucher einen Detailreichtum in den Malereien erschlossen haben, der ihnen zuvor verborgen blieb. Zukünftige Tempelbesucher werden dies hoffentlich zu schätzen wissen.
 
Nun bleibt noch eine Frage: warum wurde die eine Person bereits in der Antike getilgt?
Hierzu muss man wieder einen Exkurs in die römische Geschichte einfügen. Als Kaiser Diokletian (Begründer der Tetrarchie) in den Ruhestand treten wollte konnte dies aus Gründen der Symetrie nur bedeuten, dass Kaiser Maximian ebenfalls abdanken und zugunsten seines Caesaren zurücktreten musste. Beide traten am 1. Mai 305 n. Chr. zurück. Bereits im darauffolgenden Jahr verstarb allerdings Constantius, der Nachfolger Maximians und dieser griff  wieder in die Reichspolitik ein. Während die Truppen Constantius dessen Sohn Konstantin zum Nachfolger koren, nahm der Sohn Maximians, Maxentius, in Rom den Kaisertitel des Westens an. Im Jahre 307 n. Chr. machte sich Maximian selbst wieder zum Augustus/Kaiser, wurde aber 308 von Diokletian erneut zum Abdanken gezwungen. Erklärte sich 310 zum dritten Mal zum Kaiser, wurde in Folge aber von den Truppen Konstantins überwältigt und am Ende zum Selbstmord gezwungen.
Die Usurpation des Titels durch Maxentius wurde nur von Teilen des Reiches unterstützt. Auf der Kaiserkonferenz von Carnuntum im Jahre 308 wurde ihm der Titel des Kaisers verwehrt. Infolge versuchte er mit allen Mitteln den Titel zu erhalten und kämpfte gegen die legitimen Herrscher bis zu seinem Tode im Jahre 312 nach einer Schlacht gegen Kaiser Konstantin.
Nach seinem Tod wurde er von Konstantin konsequent verteufelt und als grausamer, blutdürstiger und unfähiger Tyrann dargestellt. Dieser Bann trifft auch seinen Vater Maximian. Dieser Bann wurde erst 316 von Konstantin aufgehoben.
Die getilgte Figur stellte demnach Maximian dar und wurde in den Jahren zwischen 312 und 316 n. Chr. aus der Apsis getilgt.

 

Literatur:

Johannes G. Deckers, Die Wandmalerei im Kaiserkultraum von Luxor; JDAI 94/1979 S. 600-652
Johannes G. Deckers, Die Wandmalerei des tetrarchischen Lagerheiligtums im Ammon-Tempel von Luxor; RQS 68/1973 S. 1-34 und Tf. 2-11
Ugo Monneret de Villard, The Temple of the Imperial Cult at Luxor; Archaeologia 95/1953 p. 85-105
Mohammed El-Saghir et al., Le Camp Romain de Louqsor, Le Caire 1986
 
Eingestellt durch: naunakhte

Bearbeitet am: 07.11.2008