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ein Führer zum wenig Beachteten in und um Luxor -

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Der Luxortempel in römischer Zeit

Das Tetrarchenheiligtum

Auf dem Weg in den hinteren Teil des Luxortempels passiert man ein Nadelöhr. Ein schmaler Durchgang in einer kleinen Apsis, die nicht so recht in den pharaonischen Tempel passen möchte.

Apsis des Kaiserkultraumes (Nadelöhr)
Foto: nauna
römisches Lager mit Angabe des Kaiserkultraumes
aus: El-Saghir, pl. 20

Dieser Raum wird noch von vielen Reiseführern als christliche Kirche bezeichnet. Besser informierte erklären den Besuchern, dass es sich um ein Tetrarchenheiligtum, oder Kaiserkultraum handelt. Diese Erklärung wird in kommenden Jahren zunehmen, denn die verbliebenen Wandmalereien wurden von einem italienischen Restauratorenteam gesäubert und passen mit ihren, nun jedermann deutlich sichtbaren, Darstellungen in keine christliche Kirche.

Das es sich bei dem Raum nicht um eine christliche Kirche handelt, sondern hier ein Kultraum der römischen Tetrarchie war, ist seit den 1950er Jahren bekannt. Zuvor hatte man die Reste der Malereien für Überbleibsel einer christlichen Kirche gehalten, von denen es auf dem Gelände des Luxortempels einige gibt. Dazu trugen die Reste von Heiligenscheinen (Nimbus) bei den Personendarstellungen der Apsis bei. Man glaubte hier Darstellungen von Christus mit Heiligen vor sich zu haben.

Heiligenscheine wurden nicht nur im christlichen Bildprogramm gebraucht. Auch römische Kaiser ließen sich mit diesem Zeichen für Mächtige, Erleuchtete oder Heilige abbilden.

Die Bezeichnung des Raumes als "Kirche" hält sich vielleicht so hartnäckig, weil sie den Besuchern soviel leichter verständlich ist als ein "Tetrarchenheiligtum".

Für Personen die in der römischen Geschichte nicht ganz sattelfest sind hier ein kurzer Exkurs in die römische Geschichte:
Als Diokletian im Jahre 284 n. Chr. Kaiser des Römischen Reiches wurde, übernahm er ein desolates Staatsgefüge. In dem riesen Reich, wo der Kaiser oft weit entfernt von einigen Reichsgebieten weilte, hatten sich zuvor immer wieder Usurpatoren erhoben und versucht die Macht an sich zu reißen.
Diokletian teilte seine Macht bald auf indem er Maximian zum Augustus ernannte und ihn damit zum Mitkaiser und Herrscher in dem, durch Teilung entstandenen, Ostreich machte.
Wenige Jahre später wurden zwei Caesaren ernannt, dies waren die designierten Thronfolger der Augusti. So entstand ein Verband von 4 (Tetra) Herrschern über das Römische Reich.
Eine Weile funktionierte diese Staatsform recht gut, dann kam es zu Problemen bis hin zu Kriegen in denen am Ende einer der Herrscher als alleiniger Kaiser übrigblieb.

Das Tetrarchenheiligtum lässt sich somit ganz deutlich in die Zeit Diokletians datieren. Es dürfte um 300 n. Chr. entstanden sein.
Ähnlich wie es bevorzugte Raumabfolgen in ägyptischen Tempeln gab, bevorzugten die Römer auch eine bestimmte Lage für wichtige Räume. So mündet die Hauptachse eines Lagers zumeist in der Principia, einer dreiteiligen Raumfolge. Sie besteht am Anfang aus einem Hof der auf eine quergelagerte Halle zuläuft. Diese Halle ist Vorraum des eigentlichen Kultraumes.

Im Luxortempel erfüllen der Säulenhof Amenophis III. sowie dessen im Süden quer dazu liegende Säulenhalle die Kriterien für die ersten beiden Räume. Der unter Amenophis III. dieser Halle folgende Acht-Säulen-Saal wurde zum Kaiserkultraum für beide römische Lager umgebaut.

Ausschnitt eines Plan des Luxortempels
aus: Deckers, 1979 S. 605 Abb. 1

Blick von der Kolonnade durch den Säulenhof und Säulenhalle auf die Apsis
Foto: nauna

Hierfür wurden die bestehenden acht Säulen entfernt, der Durchgang zu den südlichen Räumen durch den Einbau einer Apsis verschlossen und der Eingang im Norden im inneren des Raumes etwas erweitert.

Tetrarchenheiligtum
aus:
Monneret de Villard, Fig. 1

Oben: Zugang zum Kaiserkultraum und Überblick von Westen
Links: der Strich markiert die obere Kante der Plinthen
Fotos: nauna

Im künftigen Kaiserkultraum musste das Fußbodenniveau angehoben werden und zwar um einen knappen Meter. Der komplette obere Bodenbelag des Kaiserkultraumes ist nicht erhalten. Dadurch sah man bis vor einiger Zeit noch das Füllmaterial zur Bodenerhebung. Die ursprüngliche Bodenhöhe ist durch die Höhe der Plinthen der beiden im Raum stehenden Säulen rekonstruierbar.

Das Füllmaterial des Bodens besteht im mittleren Drittel aus fragmentierten Sandstein-Säulentrommeln, an den Seiten sind es grob zugehauene Sandstein und Granitblöcke.
Bei den fragmentierten Säulentrommeln könnte es sich um Reste der acht, ehemaligen Säulen des Raumes handeln. Chr. Loeben berichtete allerdings in einem Seminar zum Luxortempel im Sommer 2002 in Marburg, dass es sich bei dem Füllmaterial um Bestandteile eines Kiosk des Schabaka handelt. Sein Name wurde auf einigen Säulenresten identifiziert. Dieses Kiosk hat ursprünglich wohl vor dem Pylon Ramses II. gestanden. Eventuell markiert der Teil des in Granit erhaltenen Fußbodens vor den Obelisken seinen Standort.
Der Raum ist über eine Treppe zugänglich. Seine ursprüngliche Höhe ist unbekannt.

Foto oben rechts: Leclant, Tf. XLVIII 6

 

Im nördlichen Durchgang wurde die nach innen gerichtete Türkammer verbreitert. Das innere Gewände wird mit Spolien neu aufgesetzt. Auffälligstes Zeugnis hiervon ist das auf dem Kopf stehende Paar Füße eines sitzenden Gottes, wohl Amun.

Der südliche Durchgang wurde in Form einer Apsis zugemauert (siehe Bild oben links). Der untere Teil der Apsis liegt weit über dem Fußbodenniveau, sie war nicht zu betreten. Eine auf dem Boden der Apsis angebrachte Schranke trennt den Besucher endgültig von der Apsis.

Foto links: nauna

Spuren der Schranken
Fotos: nauna

Der aufmerksame Beobachter sieht heute noch die Rille in der die Schranke saß, sowie an beiden Seiten ihre Befestigungslöcher. Sie dürfte in ihrer Höhe knapp oberhalb der Befestigungslöcher geendet haben. Auf dem rechten Bild ist im oberen Bildteil ein Dekorationsstreifen der Apsis zu sehen über dem dann die Personendarstellungen angebracht sind. Der heutige Durchgang wurde in der Moderne durchgebrochen.

Vor der Apsis stehen heute noch zwei Säulen aus Rosengranit. Die Vermutung, dass es ehemals 4 Säulen waren (wie oben im Plan eingezeichnet) hat sich nicht halten können. Bei Grabungen wurden keine Reste eines entsprechenden Fundamentes im Boden gefunden.
 Die Säulen bestehen nicht aus einem Block sondern aus dem Fundamentblock (Plinthe), Säulenschaft und Kapitell.
Das nebenstehende Bild zeigt noch mal deutlich die Höhe der Plinthe und damit die Höhe des Bodenniveaus in römischer Zeit.
Nach Deckers (1979, S. 615) ist an den Innenseiten der Fundamentblöcke eine Abtreppung angearbeitet, die wohl zur Auflage eines Schwellenblockes diente. Bei beiden Säulenschäften finden sich eingetriebene Holzkeile.

Foto: nauna Foto: nauna Foto: Iufaa
Zu den Holzkeilen hat sich Dirk auf seiner Seite unter Differentialdiagnose in Luxor: kein Befund zur Keilspalttechnik folgendermaßen geäußert: läßt ... erkennen, daß es sich um Distanz- bzw. Justierkeile einer rezenten Restaurierungsmaßnahme handelt: Basis und Säule sind durch eine Lagerfuge getrennt. Die genaue senkrechte Justierung des Säulenschafts erfolgt durch Distanzkeile, welche Unregelmäßigkeiten im Lager ausgleichen. Wie an der Detailaufnahme gut zu erkennen ist, besteht das Material zwischen den Keilen aus dem Fugenmörtel (Zement?). Die Keile wurden anschließend herausgezogen oder vermorschen demnächst. Wie diese Versatztechnik noch vor der Vermörtelung aussieht, zeigt das Beispiel des Kapitells auf der rechten Säule.
Mit entsprechenden Detailaufnahmen kann auch hier gedient werden:

Fotos: Iufaa

An den Wänden mussten vor allem die Ostwand ausgebessert werden, hier wurde das nördliche Gewände der Tür im unteren Teil neu aufgemauert. Heute präsentieren sich die Wände des Raumes in weiten Teilen abgetragen. Nur die Südwand erreicht stellenweise fast Originalhöhe. Auf Grund baulicher Indizien ist noch mindestens eine Steinlage über der Apsis zu ergänzen.
Die pharaonischen Reliefs wurden mit einer 1-2 cm dicken Stuckschicht versehen, auf die dann die Malerei aufgetragen wurde.
Der Raum wurde rundum ausgeschmückt. Noch in den Jahren zwischen 1852 und 1856 waren weite Teile der Malerei erhalten. J. G. Wilkinson hat sie in Aquarellzeichnungen festgehalten. Zeichnungen die heute beim Verständnis der Dekoration helfen.

Wilkinsons Ansicht gen Osten
aus: Decker 1979, Abb. 13
 

--> Beschreibung der Wandmalereien
 

 

Literatur:

Johannes G. Deckers, Die Wandmalerei im Kaiserkultraum von Luxor; JDAI 94/1979 S. 600-652
Johannes G. Deckers, Die Wandmalerei des tetrarchischen Lagerheiligtums im Ammon-Tempel von Luxor; RQS 68/1973 S. 1-34 und Tf. 2-11
Jean Leclant, Fouilles et travaux en Égypte, 1950-1951, in: Orientalia 20/1951, spez. S. 454-456
Ugo Monneret de Villard, The Temple of the Imperial Cult at Luxor; Archaeologia 95/1953 p. 85-105
Mohammed El-Saghir et al., Le Camp Romain de Louqsor, Le Caire 1986
 
Eingestellt durch: naunakhte

Bearbeitet am: 02.06.2009