Abwege

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ein Führer zum wenig Beachteten in und um Luxor -

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Der Luxortempel in römischer Zeit

Wunden im Stein - Der Pylon

Kaum ein pharaonisches Bauwerk hat den Zahn der Zeit unverletzt überstanden. Den meisten Verletzungen stehen wir gegenüber ohne zu wissen was dem Bauwerk diese Wunden zugefügt hat. Doch für manche, von späteren Generationen bewusst getätigte, findet sich eine Erklärung.

So betreten wir den Bereich des Luxortempels und laufen die Treppe hinunter zum Pylon. Registrieren wir dabei die restaurierte Stelle im unteren Nordbereich der Pylonkante?

Vielleicht eher unbewusst - da der Pylon sowieso nicht gerade im besten Zustand erhalten ist. Hier und da hat er auch anderswo Löcher und Flickstellen. Alte und Neue.

Die Frage nach der Herkunft dieser "Wunde im Stein" führt uns in die Welt des römischen Lagers im Luxortempel, dessen Spuren wir nicht nur im Tetrarchenheiligtum oder dem Serapeum - jeweils Sakralbereiche - finden. Auch ganz profane Zeugnisse dieser Zeit blieben erhalten.

Auf dem untenstehenden Plan lässt sich der Verlauf einer Umfassungsmauer mit Bastionen verfolgen. Rechts und Links des Pylones findet sich solch eine Bastion.

Foto links: Unas

Zeichnung: El-Saghir, pl. 1

Fotos: nauna

Reste einer solchen Bastion, einer vorstehenden Zunge in der Mauer, finden sich heute noch am Ostende des Pylons. Aus Ziegeln erbaut und verputzt, greift das Mauerwerk vor den Pylon und schließt dessen Aussenkante ein. Eine Ansicht von oben (rechts) lässt die Stärke des Mauerwerkes erahnen.
Der obige Plan geht weiter ins Detail. Er zeigt uns Zugänge in die Bastionen. Der erhaltene Mauerrest im Osten des Pylones war vom Inneren des Lagers her zugänglich. Der überwölbte Gang ist heute noch erhalten (Mitte des Bildes).

Foto: nauna

Bei den restlichen Bastionen der Nord- und Ostseite zeigt der Plan Zugänge von der jeweils linken, äußeren Seite der Bastion auf. So hatte die vorstehende Zungenmauer an der Westseite des Pylones ebenfalls einen Zugang von Osten her in das Lager hinein. Eine kleinere Seitentür neben den großen Portalen. Vorzustellen wie die Zugangssituation in der Rekonstruktionszeichnung der Porte II.

Zeichnung: El-Saghir, pl. 18

Genau dieser Eingang, der Zugang in das Lager, führte zu unserer "Wunde im Stein". Die Schräge des Pylons wurde durch Einbau von Spolien und kleinteiligerem Mauerwerk ausgeglichen. Der Rundstab wurde abgearbeitet wo er dem Durchgang im Wege war.

 

s/w Foto: El-Saghir, fig. 14; zeigt den Pylonteil vor der Restaurierung.
Foto unten: Unas

So wurde aus der Fremdvölkerspolie die seitliche Zugangsberenzung des Eingangs. Eventuell auch Auflager für ein Gewölbe.
Bei genauer Hinsicht erzählen uns all diese kleinen Reste, Veränderungen, "Wunden im Stein" etwas zur späteren Nutzung des Tempelareals - man muss nur auf sie achten.

Foto unten links: unas
Foto unten rechts: nauna

 
Literatur:
Mohammed El-Saghir et al., Le Camp Romain de Louqsor, Le Caire 1986
 
Eingestellt durch: naunakhte

Bearbeitet am: 02.06.2009